An die Freundinnen und Freunde der Friedensbewegung
von Reiner Braun (Geschäftsführer IALANA, Ko-Sprecher Kooperation für den Frieden) und Wolfgang Gehrcke (MdB, DIE LINKE)

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Offene Briefe sind eigentlich nicht unser Ding und wir beide schreiben zum ersten Mal einen solchen Text, obwohl wir seit Jahren in der Friedensbewegung zusammenarbeiten. Uns bereitet die Kluft zwischen der realen Kriegsgefahr in Europa und der mangelnden Aktionsfähigkeit der Friedensbewegung schlaflose Nächte. Die Erklärung früherer Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker, Minister, Staatssekretäre Bundeskanzler Bundespräsidenten, zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Künstlerinnen und Künstlern warnt unter der Überschrift „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ vor einem Moment großer Gefahr für den Kontinent. Wir sehen es ebenso und bitten euch, besonders nach dem erfolgreichen Treffen des Kasseler Friedensratschlages, um 3 Minuten Zeit für unser Anliegen:

Der von uns initiierte Aufruf für einen Friedenswinter 2014/2015 hat in der Friedensbewegung und bei antifaschistischen Initiativen und Verbänden eine sehr widersprüchliche Diskussion ausgelöst. Weniger die im Rahmen des Friedenswinters angekündigte Kundgebung vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten, sondern mehr dass sich unter den 60 namentlichen Aufruferinnen und Aufrufern auch mit Ken Jebsen und Lars Mährholz zwei bekannte Personen aus der Montagsmahnwachenbewegung befinden. Uns ist es wichtig, dass viele zur Kundgebung kommen, über künftige Formen der Zusammenarbeit müssen wir uns sicher im Weiteren den Kopf zerbrechen – aber jetzt geht es um die Aktion. Genauer gesagt: Jetzt geht es darum, dem drohenden Krieg Einhalt zu gebieten!

Wie man konkret jeweils vor Ort zusammenarbeitet, dass müssen die Friedensfreundinnen und Friedensfreunde vor Ort entscheiden. Unser Engagement jedenfalls ist nicht wertungsoffen und wir haben uns immer eindeutig entlang der Eckpfeiler „Nein zu Faschismus. Nein zu Krieg.“ bewegt. Aktuell heißt dies: „Nein zu Rassismus, Nein zur NATO“. Der Friedenswinter 2014/2015 ist nicht nach rechts offen und darf nicht nach rechts offen sein. Er soll demokratisch, bunt, vielfältig und weit über Parteigrenzen hinaus wirksam werden. Der Friedenswinter widersetzt sich rechter Islamfeindlichkeit, wie sie von rechten Initiativen in Sachsen und NRW unter dem Begriff Montagsmahnwachen fälschlicherweise bedient werden. Wenn Krieg in der Luft liegt, rottet sich der rechte Mob zusammen.

Liebe Freundinnen und Freunde,

aus den vergangenen Jahren kennen wir in der Friedensbewegung große Ratschläge und die Diskussion um einen Mindestkonsens, also um einen kleinen gemeinsamen Nenner, der zum Ausgangspunkt von Aktionen gemacht werden kann. Erinnert euch an den Krefelder Appell: Ein Satz stellte den Ausgangspunkt für eine große Bewegung dar. Einen solchen „Einsatz“ gegen die neue Kriegsgefahr brauchen wir heute.

Die Friedensbewegung war auch immer der Ort, eine neue, andere Kultur zu leben – in der Gesellschaft und untereinander. Wir hinterfragen uns, ob wir in unserem Agieren uns immer an diesem Anspruch gemessen haben, und bitten euch, euch selbst auch dieser Frage zu stellen. Die Friedensbewegung sollte immer eine Bewegung der Toleranz von Demokratinnen und Demokraten, eben über einzelne weltanschauliche Orientierungen hinaus sein. Wer wirklich für den Frieden kämpft, muss Demokratin und Demokrat sein, muss plural denken und gegen rechts kämpfen. Wir möchten uns gern an den Gedanken von Rosa Luxemburg über die Freiheit in der Diskussion und die Einheit in der Aktion orientieren. Wenn Krieg vor der Tür steht, wird Widerstand zur Pflicht.

Wir bitten euch, tut alles, was euch möglich ist, um die Kundgebungen am 13. Dezember in Berlin und anderswo stark zu machen und dazu beizutragen, dass die Friedensbewegung  wieder an Ausstrahlung und Einfluss gewinnt.

Mit solidarischen Grüßen

Reiner Braun & Wolfgang Gehrcke

Download: BriefFriedensbewegung.pdf

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