Interview mit Bernd Michl anlässlich des G7-Gipfels
am 7. und 8. Juni 2015 in Schloss Elmau

Am 7. und 8. Juni findet im bayrischen Schloss Elmau der G7-Gipfel statt. Über die wahre Bedeutung des Gipfels und die Protestaktionen sprachen wir mit Bernd Michl von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Globalisierung und Krieg.

Zur Person Bernd Michl:
Geb. 1939 in Schrobenhausen. Studium der Theologie und Religionspädagogik. Lehrer an Gesamtschulen und Gymnasium. Tätigkeiten in der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union und in der Friedensbewegung, Mitglied von Attac München

Bernd Michel

Bernd Michel

Frage
Herr Michl, der diesjährige G7-Gipfel findet wieder in Deutschland statt. Daran nehmen die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen teil und beratschlagen über Außenpolitik, Weltwirtschaft und die Klima-Entwicklung. Was ist ihre Kritik an diesem Treffen?

Bernd Michl:
Die Politik der führenden Industrienationen ist im wesentlichen darauf gerichtet, die eigene Wirtschaftskraft zu stärken, Wachstum zu erzeugen und ihren standard of living militärisch abzusichern. Zu bezweifeln ist deshalb, dass die Außen- und Wirtschaftspolitik dieser führenden Wirtschaftsnationen an friedlicheren internationalen Beziehungen, z. B. an einer globalen gerechten Handelspolitik, an der Ernährungssicherheit für die Menschen des globalen Südens etc. ernsthaft interessiert sind.

Im Gegenteil: Die weltweite Ausbeutung von Ressourcen, die wachsenden Investitionen in Rüstung statt in die Umsetzung der Millenniumsziele zur Verringerung von Armut und Hunger in der Welt, die weiterhin ungebremste Herrschaft der Finanzmärkte, die offensichtliche Hilflosigkeit gegenüber der Klimakatastrophe und nicht zuletzt die durch Kriege und Katastrophen bedingten Flüchtlings­ströme von Millionen Menschen sprechen seit Jahren eine andere Sprache.

Dieser „Gipfel der führenden Industrienationen“ ist nicht nur eine Schande und eine Bankrott­erklärung, er dokumentiert den grundsätzlichen Unwillen, eine gerechte Weltordnung ernsthaft erreichen zu wollen. Gegen diese „Gipfelpolitik“ richtet sich deshalb der Protest.

Frage
Welche Protestaktionen sind geplant und wie kann man sich näher informieren?

Bernd Michl:
Es sind – neben diversen Veranstaltungen im Vorfeld des G7-Gipfels – eine Demonstration in Garmisch-Partenkirchen und ein „Alternativkongress“ in München geplant:

Informationen und Terminplanung siehe:

http://www.stop-g7-elmau.info/2014/11/13/newsletter-2014-11-12/

http://www.stop-g7-elmau.info/events/

Der Stop-G7-Aufruf ist zu finden unter:

http://www.stop-g7-elmau.info/wordpress/wp-content/uploads/stop-g7-elmau-aufruf.pdf

Frage
Beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm wurde der Sternmarsch verboten. Nachträglich entschieden die Gerichte, dass dieses Demonstrationsverbot rechtswidrig gewesen sei. Welche Restriktionen erwarten Sie dieses Jahr von der Polizei?

Bernd Michl:
Wir hoffen, dass die geplanten und angemeldeten Aktionen in Garmisch-Partenkirchen, aber auch die Protestcamps ohne erhebliche Störung durch Polizeikräfte stattfinden können, damit nachträgliche juristische Auseinandersetzungen vermieden werden.

Frage
Laut Presseberichten gibt Bayern rund 130 Millionen Euro für den Gipfel aus. Aus Regierungskreisen heißt es, dass im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel „umfangreiche logistische, technische und personelle Aufwendungen notwendig“ seien. So sollen laut Staatsangaben selbst Quellen und Brunnen „mit moderner Überwachungs- und Sicherheitstechnik“ ausgestattet werden. Wie bewerten Sie die umfangreiche Subventionierung der Region Garmisch-Partenkirchen im Zuge des Gipfels?

Bernd Michl:
Die „umfangreichen Aufwendungen“ beinhalten – abgesehen vom Personaleinsatz tausender Polizeikräfte – nicht nur Subventionierung der Region und des Hotelausbaus Elmau, sondern auch „Denaturierungen“ durch den Bau von Zufahrtsstraßen, Hubschrauberlandeplatz, Abholzung von Waldstücken, und angebliche Renaturierungsarbeiten nach Ende des Gipfeltreffens.

Frage
Führende NATO-Mitgliedsstaaten werden in Schloss Elmau vertreten sein und sich über ihr militärisches Vorgehen abstimmen. Russland, langjähriges Mitglied der Gipfeltreffen, gehört auch dieses Jahr nicht zu den Teilnehmern. Wie beurteilen Sie die Rüstungspolitik der NATO-Staaten und deren immer mehr abnehmende Dialog-Bereitschaft?

Bernd Michl:
Entgegen den mehrfachen diplomatischen Beteuerungen führender westlicher Politiker, dass in Krisensituationen Dialog und nicht Militäreinsätze notwendig sind, ist die Ausgrenzung Russlands bei den Gipfeltreffen nicht nur ein eklatanter Verstoß gegen eigene Beteuerungen: Die schrittweise Ausdehnung de NATO-Einflussbereichs nach Osten in die Nähe von Russlands Grenzen und die fortschreitende militärische Aufrüstung sind zudem ein Indiz für den erklärten Willen, dass Russland der eigene NATO-dominierte Willen aufgezwungen werden soll.

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